New York hat 24 U-Bahnlinien, aber keine ist so berühmt wie die Linie 7. Von der 42. Street in Midtown Manhatten bis weit in den Osten nach Flushing in Queens zieht sich die auf dem Streckennetz lilafarbene Linie. Wie in keiner anderen Subway kommt hier die Welt zusammen, sagt man. Mit Paco, meinem kleinen Rastaman, bin ich bis „Little India“ gefahren. Mir war so nach bunter Exotik, nach dem Geruch besonderer Gewürze und ich hatte Lust auf indisches Essen.
Wir starteten in der Grand Central Station. Auch dies schon ein Ort, an dem die Nationen zusammenkommen, einer DER melting points in New York. Immer wieder bin ich von der Schönheit der großen Halle angetan, von der für Reisende überraschend unaufgeregten aber positiven Atmosphäre des Ortes.
Mein Reisebegleiter Paco ist sogenannter „Außendienstmitarbeiter“ von Schaf Paul, dem einzigen bloggenden Schaf, dass ich kenne. Nun gut, es ist eher der Mensch dahinter, der die Geschichten erlebt und schreibt, aber in den Augen der Leser ist es Paul, der schafgewordene Globetrotter. Susanne, die Bloggerin, war jedenfalls ganz angetan von der Idee, dass Paco New York City sehen darf und so landete die kleine Figur in meiner Tasche.
Während die Linie 7 in Manhatten nur unterirdisch fährt, kommt sie auf der anderen Seite des East River ziemlich schnell an die Oberfläche und fährt dann weiter auf Stelzen durch den Stadtteil. Manchmal sogar im dritten Stock. Atemberaubend.
In „Little India“ bist Du, wenn Du an der Station „74 St – Broadway“ aussteigst. In Fahrtrichtung links liegen dann die Straßenzüge, in denen sich vor allem die Menschen aus Indien, Nepal und Thailand zu Hause fühlen. Nur eine Zahl von vielen: Schätzungsweise 10.000 Nepalesen leben in New York City.
„Diversity Plaza“ heißt der Ort, der sich wunderbar als Einstieg in diese besondere Welt eignet. Einmal über den Platz, dann links herum und die bunte Freude beginnt.
Saris in ungezählter Vielfalt. waren zu entdecken Hochpreisig oder im Ausverkauf. „Clearance“ oder „Sale“ ist übrigens in der ganzen Stadt das meistgelesene Wort in diesen Tagen.
Wer asiatisch kochen mag, der findet in den vielen Obst- und Gemüseläden einfach alles.
Paco huldigt Ganesha, dem hinduistischen Gott des Erfolges und Zerstörer der Eitelkeit, des Bösen und von Hindernissen. So geschützt kann es weitergehen.
„Namaste Tashi Delek“ begrüßt uns ein freundlich aussehendes Restaurant und lockt mit Original nepalesischen Speisen. Genau das, was ich suche. Die Atmosphäre ist ruhig und friedlich, am Tisch rechts von mir sitzen fünf Mönche zusammen, erkennbar an ihren orange-braunen Kluft. Ihre Sprache ist absolut unverständlich und gleicht einem melodischen Singsang. So fühle ich mich wohl.
In der reichlichen Speiseauswahl finde ich schnell etwas, was mir von der Beschreibung zusagt und ich bestelle. Der Silberbecher auf dem Tisch wird stetig mit Wasser gefüllt, das angesichts des mittleren Schärfegrades des rasch servierten Essens absolut notwendig ist.
Es gab Hühnerfleisch in einer wunderbaren würzigen Soße, rohe Karotten- und Gurkenscheibe, heiße Gurken in angenehm gewürzter Soße, scharfe Tomatensoße, heiße Brokkolistücke, heiße Blumenkohl-Kartoffelpamp und eine kleine Suppe. Meine Tischnachbarn bekamen das Gleiche und setzten sofort ihre Finger zum Essen ein – mir hatte man artig Gabel und Löffel beigegeben. Es war köstlich!
Wir schlenderten noch weiter durch die Straßen, satt und glücklich. Schauten in die Auslagen der goldglänzenden Juweliergeschäfte, bestaunten deren filigranen Arbeiten und erfreuten uns an deren kunsthandwerklich vielfältigem Reichtum.
Auch die Sarigeschäfte zogen Paco und mich immer wieder in den Bann ob des Glanzes auf und in den Stoffen. Siehst Du auch das Fragezeichen in Pacos Gesicht? Ob er wirklich überlegt, hier anzuheuern? Schnell fort von hier …
„Little India“ ist eine der 21 Stationen, die die Linie 7 von Manhatten nach Flushing führt. Bei Deinem Besuch in New York solltest Du eine Fahrt mit diesem „Train“ unbedingt machen. Von Anfang bis Ende dauert diese rund eine Stunde Fahrtzeit – mit Unterbrechungen in Little India oder Chinatown entsprechend länger.
Falls Du schon vorher Einblicke genießen magst: Das Buch von National Geographik, „NYC 7 – Die Kultstrecke von New York“ lädt Dich mit den wunderbaren Fotos und den poetischen Texten zu einer Gedankenreise ein. Das Buch porträtiert auch einzelne New Yorker, die entlang der Strecke ganz gewöhnlichen oder ungewöhnlichen Berufen nachgehen. Die zugleich stimmungsvollen wie dokumentarischen Fotos sind von Julius Schrank, dessen Namen Du Dir unbedingt merken solltest. Der Texter, Bruce Northam, ist New Yorker und schreibt unter anderem für die „New York Times“. Das Buch ist für mich eine absolut gelungene Verbindung zweier sehr unterschiedlicher Kreativer, was Alter, Herkunft nd Perspektive angeht. Und ja, ich bekam es vor meiner Fahrt als Ansichtsexemplar vom Verlag kostenfrei gestellt. Lucky me, denn so konnte ich bereits Monate vorher im Inhalt schwelgen.