Gewonnen habe ich bisher so viel noch nicht. Tatsächlich erinnere ich mich nur an drei Momente: Den ersten Gewinn bekam ich als kleines Mädchen. Meine „Malerei“ zur Inszenierung von „Räuber Hotzenplotz“ überzeugte die Dramaturgie des Bremerhavener Stadttheater, dass ich einen Preis bekam. Welchen? Ich erinnere mich nicht.
Wenige Jahre später, eben frisch eingeschult, flog mein Luftballon am weitesten. Das brachte mir einen roten Spielzeug-Sportwagen ein, der aber recht schnell zerbrach, weil meine Schwester und ich viel damit spielten. Rund zwanzig Jahre später, eben im ersten Semester, hatte ich dann das große Glück, einen fußballkundigen Freund zu haben, dessen Totoschein-Gewinn für jeden von uns immerhin 1000 Mark bedeutete. Willkommenes Geld in einem jungen Haushalt.
Und jetzt also das: Dear Mrs. Behrmann, Congratulations! You have been selected as a winner of the $25 Rush tickets for DIE ZAUBERFLÖTE this evening at 7:30PM. Das schrieb mir das Management der Metropolitan Opera, kurz: der MET. DER MET. Du verstehst, dass ich total aus dem Häuschen war? Naja, vielleicht weißt Du nicht, dass ich meine berufliche Laufbahn als PR-Sachbearbeiterin (so hieß das damals) beim Schleswig-Holstein Musik Festival gestartet habe. Meine Affinität zu klassischer Musik ist groß, seit ich als Jugendliche den Plattenschrank meiner Eltern geplündert und mich in Haydns Kaiserquartett, Smetanas Moldau und Brahms Requiem verloren habe. Die anderen mochten zeitgenössische Klänge wie die von Jethro Tull (gell Rainer?), mir gefiel eher die Musik vergangener Jahrhunderte. Und diesmal sollte es genau 225 Jahre nach der Uraufführung also Mozarts letzte Oper, die Zauberflöte, sein. Ich Glückskind!
In der Mail, die ich am Montag gegen 16.30 Uhr abrief, war ein Link angegeben und von purchase bis zwei Stunden vor Beginn der Aufführung war die Rede. Mit dem Mobiltelefon schnell auf den Link, bestätigt, erworben. Dachte ich. Zum Glück bin ich dann sofort hingefahren, denn es hätte neben dem gedrückten Link auch im Respond eine Bestätigungsmail geben müssen. Und so stand ich eine gefühlte Ewigkeit als Verliererin vor dem Box Office. Gewonnen und doch nicht? Nur, weil ich die Mail nicht richtig verstanden habe? Mein Gesicht muss Bände gesprochen und meine Schilderung den feinen Nerv der Dame am Schalter getroffen haben – sie beeilte sich, sofort ein Angebot zu machen: I give you the last ticket. Great! Für 25 Dollar war ich also nicht nur in der Oper, sondern saß auch noch auf einem Platz, für den ich sonst 100 Dollar hätte bezahlen müssen. Was ich wohl nicht getan hätte. Wenn ich ihn denn überhaupt bekommen hätte.
Und so genoss ich ab 19.15 Uhr völlig aufgeregt und vorfreudig diesen wunderbaren Blick aus dem Orchester Circle:
Erstaunlicherweise nutzte nahezu niemand in meinem Blickfeld die Übersetzungsmöglichkeit der Verse, wie sie das Display im Sitz des Vordermannes anbot. Und dass, obwohl Mozarts Singspiel im deutschen Original gesungen wurde. Natürlich war es GROßARTIG! Die Inszenierung aus 2004 hatte viele Showeffekte, war pfiffig und voller Fröhlichkeit angelegt und von wunderbaren Sängern vorgetragen.
DIE ZAUBERFLÖTE
Season Premiere: October 6, 2014
Composer: Wolfgang Amadeus Mozart
Libretto: Emanuel Schikaneder
Conductor: Adam Fischer
Production: Julie Taymor
Set Designer: George Tsypin
Costume Designer: Julie Taymor
Lighting Designer: Donald Holder
Puppet Designers: Julie Taymor and Michael Curry
Choreographer: Mark Dendy
Pamina: Miah Persson
Queen of the Night: Kathryn Lewek
Tamino: Toby Spence
Papageno: Markus Werba
Speaker: Ryan McKinny
Sarastro: Tobias Kehrer
Mit welcher Leichtigkeit Kathryn Lewek die vier hohen „Fs“ der berühmtesten Arie sang – Du machst Dir keine Vorstellung. Soo habe ich das noch nie gehört.
„Unsere“ Inszenierung prägten riesige Puppen, die von mehreren Tänzern getragen und bespielt wurden, ein großer Kubus mit spannenden Lichteffekten auf der Drehbühne und ein in seiner Schlichtheit überzeugendes Bühnenbild. Bilder habe ich davon allerdings nicht gemacht.
Fotografiert habe ich das Drumherum. Zum Beispiel den Ausstellungsraum im Untergeschoss des Operngebäudes:
Das Einzige, was mich an diesem wunderbaren Glücksabend, voll mit vitaler Musik, deutscher Sprache, edler Umgebung und spannenden Menschen – hatten die zehn jungen Männer da eben tatsächlich Schottenröcke an? – irritierte, war das Applausverhalten der Besucher. Zum Glück gab es auch nach der Vorführung tosenden Beifall. Vor allem aber applaudierte man nach jeder Arie, jedem Lied. Selbst der Dirigent machte ärgerliche Kopfbewegungen.
Glückwunsch, liebe Dörte! Das hat ja schnell geklappt.
Die Displays zum Mitlesen der Texte in allerlei Sprachen sind in der Met übrigens so eingerichtet, dass man sie nur direkt vom Sitzplatz davor sehen kann – damit sich niemand gestört fühlt. Vielleicht haben deine Nachbarn also doch auf Englisch mitgelesen. 😉
Ha, DAS kann natürlich gut sein, liebe Petrina. Die Reaktionszeit auf visuelle Gags auf der Bühne war aber dennoch zackig. Ob mit oder Textkenntnisse in der eigenen Sprache: Das gesamte Publikum hatte seine Freude! Me too!