Das „Waldorf Astoria New York “ schließt für zwei bis drei Jahre und wird dann völlig neu gestaltet wieder eröffnen – diese Meldung hat mich vor einigen Tagen aufgeschreckt und daran erinnert, dass ich Dir unbedingt noch meine Geschichte über das legendäre Luxus-Hotel und dessen außergewöhnliches „Amnesty-Program“ erzählen muss.
Das Waldorf Astoria – schon beim Namen dieses weltberühmten Hotels schleicht sich Ehrfurcht auf die Gesichtszüge. So große Namen! Königin Elisabeth II, Marilyn Monroe, Grace Kelly, amerikanische Präsidenten … sie alle übernachteten dort oder lebten sogar eine Zeit lang im Hotel. Auch unzählige Filme wurden in der luxuriösen Umgebung gedreht.
Vorgenommen hatte ich mir den Besuch, seit ich im Deutschen Auswandererhaus Bremerhaven in einem dort gezeigten Film die mondän wirkende Else Arnecke „kennengelernt“ hatte, die in den 1920ern nach New York emigriert war und von ihrer Arbeit im Waldorf Astoria berichtete. Bei den ersten beiden Besuchen in New York habe ich es nicht geschafft, dort vorbeizuschauen, doch beim letzten Aufenthalt war es endlich soweit.
Auf dieses Gebäude-Antlitz im Art-Deco-Stil schaut New York seit dem 1. Oktober 1931. Dabei ist dieses Gebäude in der Parc Avenue schon der zweite Bau des Waldorf Astoria, der erste befand sich dort, wo heute das Empire State Building steht. Dieses zweite Waldorf-Astoria Hotel galt zu seiner Eröffnung mit mehr als 1400 Zimmern als das größte und seinen 42 Etagen als das höchste Hotel der Welt.
Wie in Amerika üblich, gehören Hotellobbys zu „öffentlichen Plätzen“. Anders als in Deutschland, können auch Nicht-Hotelgäste dort speisen oder einen Tee nehmen. Das hatten Birgit und ich eigentlich vor, bevor wir durch die elegante vergoldete Hoteltür schritten, doch erst nahm uns das Interieur gefangen.
Eine Zeitreise erwartete uns, ein Gefühl von Glamour umgab uns und die historische Atmosphäre berauschte uns. Wir kicherten wie kleine Mädchen bei einem großen Abenteuer.
Der horrende Preis der Teatime holte uns dann in die Realität zurück, doch wir genossen dafür ganz kostenfrei einen tiefen Blick in die Abgründe der sogenannten „besseren“ Gesellschaft.
Schau‘ mal in diesen Schrank:
Oben rechts siehst Du eine versilberte Teekanne, in der Mitte eine silberne Schüssel mit Deckel und unten ein mehrteiliges Teeservice aus feinstem Porzellan. Schöne Dinge, nicht wahr? Alle gestohlen! Ja, du hast richtig gelesen, diese Dinge – und noch viele weitere mehr – sind in den vergangenen Jahrzehnten von denen, die sich nun wirklich alles leisten können, als „Souvenir“ an das Waldorf Astoria mitgenommen worden.
Der Schrank zeigt nur eine kleine Auswahl, weitere Diebesbeute siehst Du hier (leider nicht mehr. Die Website ist wegen der Renovierung an dieser Stelle nicht mehr ereichbar, Stand April 2018) . Unglaublich, nicht wahr? Ebenso ungewöhnlich ist auch die Aktion des Hotelmanagements, diese Stücke wieder in den Besitz des Hotels zu bringen: 2012 wandte man sich weltweit an die Öffentlichkeit mit der Bitte, Dinge die vor 1960 aus dem Hotel entwendet wurden, wieder zurückzugeben. Den Langfingern und ihren Nachfahren wurde zugesichert, dass diese nicht für das Diebesgut bezahlen müssten– das „Amnesty Program“ war geboren.
Im Juni 2012 gestartet, ging das Programm eigentlich nur bis in den September desselben Jahres. Es war ein riesen Erfolg. Viele Monate lang trudelten historische Einrichtungsgegenstände in der PR-Abteilung des Hotels ein. Auf der alten Website dazu stehen standen zauberhafte Geschichten, über die „schwarzen Schafe“ ebenso wie über die retounierten „Souvenirs“. (Die Website ist wegen der Renovierung an dieser Stelle nicht mehr ereichbar, Stand April 2018)
Unternehmungslustig geworden, schauten wir uns weiter im Hotel um und entdeckten die „Bathrooms“. Von eben der Eleganz, wie wir sie mittlerweile im Waldorf Astoria erwartet hatten.
Kronleuchter im großzügigen Vorraum, vergoldete Wasserhähne im Artdeco-Stil in jedem Einzelabteil und Wände sowie Waschbecken aus hellem Marmor. Einfach vom Feinsten!
Und jetzt dies: Das Waldorf Astoria ist seit wenigen Tagen geschlossen, wird in den nächsten Jahren renoviert und wohl erst in drei Jahren wieder eröffnet. Dann aber leider völlig anders: Nichts bleibt, wie es ist. Der neue Besitzer – ein chinesisches Versicherungsunternehmen – hat leider kein Verständnis für den emotionalen Wert des legendären Hotelgebäudes und der Verbindung des Hotels zu vielen amerikanischen Familien. Was bin ich froh, nochmal dort gewesen zu sein. Denn nun konnte auch ich Dir eine Waldorf Astoria Geschichte erzählen.
Nachtrag 12.4.2017: Erste Zeichnungen sind aufgetaucht, die das neue Aussehen des Traditionshotels zeigen, Danach ist das Schlimmste abgewendet: Die Bilder sollen beweisen, dass der Investor die Geschichte und den Stil des Hauses beibehalten und mit „neuem Spirit“ ausstatten möchte. Man wird sehen.