Gemeinschaftserlebnis New York Marathon

1111_marathon_4Am Sonntag dieser Woche, da war die Welt noch in Ordnung. Da beherrschten nicht Sorge und, ja, auch Angst, die Gedanken. Da war der Tag nur von einem Thema beherrscht: Marathon in New York. Jedenfalls für mich. Denn nach 2014 habe ich auch in diesem Jahr wieder als Freiwillige geholfen, den weltgrößten Marathon auszurichten. Und davon möchte ich Dir hier erzählen. Vielleicht magst Du „Volonteering the marathon“ im nächsten Jahr auch in einen New York Urlaub integrieren? Ich kann dazu nur raten! Es ist ein großartiges Gemeinschaftserlebnis mit sympathischen Einheimischen, ein Moment der Völkerverständigung, ein Zeichen.

Zugegeben, der Tag fängt früh an: Um 6.30 Uhr musste ich vor Ort sein und das hieß, um 5 Uhr aufzustehen, rasch duschen, rasch anziehen. Frühstücken wollte ich vor Ort. Natürlich war ich trotz Planung insgesamt zu langsam und so habe ich meine Subway auf Roosevelt Island verpasst. Na super! Da man sich aber um die Uhrzeit nicht durch eine Menge Fußgänger quälen muss, sondern die Fußwege bis auf die ersten Hunderunden-Gänger frei sind, stand ich dennoch pünktlich an „meiner“ Station: Mile 17, Water Station, die wir in der 1. Avenue zwischen der 76. und 77. Straße erstmal noch aufzubauen hatten. Mitten also in der Upper East Side, dort, wo Woody Allen und Helena Bonham-Carter Tür an Tür wohnen.

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Das ist das „Station Management Team“ – Megan, Michael, Thomas, ich, Amanda, Zarina – und wir haben die Station gerockt. Erkennbar an den blauen Jacken – ich hatte meine vom letzten Mal einfach wieder angezogen – mussten wir uns um den ordnungsgemäßen Ablauf und die Einweisung sowie Koordination der anderen Freiwilligen kümmern. Klingt kompliziert? Ist es gar nicht. Es ist immer einer da, der wenigstens einen Tick mehr weiß als Du. Und das reicht schon. Michael hatte glücklicherweise den besten Überblick und das größte Know-how und das teilte er unablässig mit uns. So einfach kann managen sein.

Die Wettervorhersage war für den 6. November sehr gut: Rund 17 Grad sollten es werden, sonnig und trocken. Ganz anders noch vor zwei Jahren, als es kalt und windig war. (Liest Du hier)

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Gemeldet waren 223 Volonteers an dieser Station. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden bei diesem Event natürlich sehr ernst genommen, und so hat Amanda erst überprüft, ob der genannte Name auch auf einer Liste steht, Zarina und ich gaben die Namenschilder aus, Thomas verteilte grüne Ponchos und Stirnbänder. Am Ende waren rund 100 Freiwillige nicht erschienen, auch das ist eben möglich. Wir haben es dennoch geschafft.

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Kaum angekommen, mussten bei laufendem Verkehr die Tische aufgebaut, die Wasserbecher aufgestellt und befüllt, zahlreiche Müllsäcke an den Absperrungen angebracht werden. Gallonenweise stand das Wasser auf Palletten, bereit, wie am Fließband entnommen zu werden.
Nachdem die Station stand, hatten wir erstmal Ruhe.

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Hieß, wir konnten uns stärken und die vom Sponsor „Donkin Donuts“ gespendeten Süßigkeiten und den Kaffee genießen sowie uns unterhalten. Michael hatte ich ja letztes Mal schon erlebt, der smarte New Yorker freute sich genauso wie ich, dass wir den Marathon wieder zusammen meistern durften. Es war noch die Ruhe vor dem Sturm. Mit Zarina, vor 16 Jahren aus Malaysia nach New York gekommen, habe ich mich dann lange unterhalten. Trump war da noch ein fernes Schreckgespenst.

Doch dann kamen die, um die es beim Marathon ja wirklich geht und bis 16 Uhr riss die Kette der Läufer nicht mehr ab. Insgesamt sind 51.995 Marathonteilnehmer gestartet – diesmal war es tatsächlich der größte Marathon aller Zeiten. Zuerst kamen die Rollstuhlfahrer in ihren Hightech-Geräten, immer begleitet von einem persönlichen Betreuer auf dem Fahrrad. Wir applaudierten alle. Diese Gruppe wollte auch kurz vor dem Ziel – Mile 17 entspricht Kilometer 27 – kein Wasser, dafür hatten sie zu viel Geschwindigkeit drauf. Dann pesten die weiblichen Profis an uns vorbei, danach die männlichen. Hier wechselte schon mal ein Becher die Seite. Wir applaudierten, schossen Fotos, hatten sicher die Sieger schon gesehen.

Irgendwann dann kamen die Hobbyläufer und wer immer an der Station zwei Hände frei hatte, der applaudierte denen zu. Einfach großartig, was sich diese Läufer zutrauten. 98,8 Prozent von ihnen kamen tatsächlich ins Ziel, das ist ein fantastisches Ergebnis.

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Mitbekommen habe ich von den vielen Tausend Läufern aktiv nur sehr wenige. Mein Job bestand über viele Stunden darin, die Wasserbecher aufzufüllen, was bei 3,8 Liter-Gallonen dann irgendwie auch ein harter Job für Rücken und Schulter wurde. Leichter war es, mit einem Cuttermesser leergewordenen Gallonen-Kartons zu zerschneiden. Eine Arbeit unter Deiner Würde? Aber nicht doch! Der Spaß am Volonteering ist, dass Du genau die Aufgabe übernimmst, die Du gerade kannst. Und wenn Du mal nicht mehr kannst, eine Pause brauchst, dann wendest Du dich dem Feld zu und feuerst die Läufer an. Auch das ist wichtig und macht den Spirit des Marathons in New York aus.

1111_marathon_9Einzig Birgit habe ich bewusst wahrgenommen und ihr wie versprochen auch Wasser gereicht. Ein tolles Meeting, so mitten in New York, wir auf beiden Seiten des Feldes. Ich verneige mich immer noch innerlich vor ihrem Mut, sich der schwierigen Strecke zu stellen. Denn falls Du denkst, dass New York flach ist, dann irsst Du gewaltig: es geht ganz schön hoch. Nicht nur die beiden Brücken auf der Strecke sind anstrengend, auch in Manhattan geht es ziemlich steil bergan, speziell ab Mile 17.

Gegen 16 Uhr war es dann vorbei. Es bot sich an der Station ein Bild der Verwüstung, obwohl wir auf unserer Seite der Straße immer schon für die Beseitigung des Mülls gesorgt hatten. Doch leere Pappbecher säumten die Straße, riesige Säcke mit geleerten Plastikgallonen türmten sich zu Inseln auf. Alle Mann angefasst! Nach 20 Minuten war das Chaos beseitigt, waren die Tische abgebaut, die Müllsäcke bereits im Müllwagen verstaut, angefangene Kanister an Wartende vergeben.

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Am Ende habe ich sogar die 1. Avenue gefegt – mit einer schönen Mischung aus Stolz über das Erreichte, Dankbarkeit, wieder Teil dieses außergewöhnlichen Events und des super Teams gewesen zu sein, Glück, meinen Teil beigetragen zu haben. Klingt pathetisch? Ist es!

Interessante Fakten über den 2016 Marathon: (Quelle)
Number of female finishers: 21,457
Number of male finishers: 29,931
Country (other than U.S.) with the most finishers: Italy, with 2,602
Total countries represented: 124
Total U.S. states represented: 50 and the District of Columbia
Oldest male finisher: Richard Gonzalez, 84, of Louisiana, in 7:18:47
Oldest female finisher: Bertha McGruder, 88, of New York, in 7:30:15

Das finde ich so wunderbar an diesem Volonteering:

  • Du erlebst New Yorker, die sich wirklich daran erfreuen, sich für eine große Sache einzusetzen. Es ist Völkerverständigung und Friedensarbeit pur.
  • Du erlebst ein großartiges Gemeinschaftsgefühl, das einfach glücklich macht.
  • Du hast Zeit, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und erhältst Einblicke in ganz normales New Yorker Leben.
  • Du tust Deinen Teil dafür, dass dieses unglaubliche Event reibungslos abläuft. Du tust genau so viel, wie Du kannst, das reicht völlig.
  • Du brauchst keine Kenntnisse: weder im Laufen, noch in der Sprache. Wenn Du Pappbecher füllen, Pappe zerkleinern, Läufern Becher reichen und/oder Beifall klatschen kannst, dann bist Du absolut ausreichend vorbereitet.

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