Freiwilligendienst

marathon_2Wer hätte gedacht, dass ich mal an einem Marathon teilnehmen würde? Ich als Letzte. Doch bevor Du Dir jetzt verwundert die Augen reibst: Ich war auf der anderen Seite des Events. Hinter den Kulissen, eine von über 20.000 Volonteers, die den TCS New York City Marathon erst möglich machen. Den Tipp verdanke der lieben Birgit (die bereits mitgelaufen ist – Hut ab!).

Das Anmelden war denkbar einfach, der New Yorker Road Runners Club hat wie viele amerikanische Organisationen dafür eine eigene Website eingerichtet. Falls Du nächstes Jahr dabei sein möchtest: hier entlang. Ich kann es nur empfehlen! Wie ich wirst Du wahrscheinlich zum Station Manager ernannt, das machen die wohl mit deutschen Freiwilligen so. Was das bedeutet? Du bekommst in den drei Monaten vorher wöchentlich eine Mail, die Dich auf dem aktuellen Stand hält. Eine Woche vorher gehst Du bitte zum Vorbereitungstreffen in ein weißes Zelt im Central Park, bei dem Du zwei Stunden lang in die Sicherheitsvorkehrungen, die Social Media Maßnahmen, das Prozedere Deiner Station und die medizinische Versorgung eingewiesen wirst. Und bei dem Du Dir ungezählte Male ein „Thank you for volonteering“ abholst.

Am Tag selbst bist Du dann als eine der Ersten an der Fluid Station und gehst als eine der Letzten. Du trägst eine blaue Jacke statt eine grüne (des Sponsors) und bist eine (Nichts wissende) Ansprechpartnerin für jeden Volonteer. Ansonsten aber hast Du genau den Spaß an der Sache, wie alle 200 Unterstützer an Deiner Station.

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marathon_3Denn Spaß hat es gemacht, trotz Kälte und einem Wind, den wir „kisses from Sandys little sister“ genannt haben. Er pfiff nur so durch die Straße – wir standen in der 1st Avenue in der Upper East Side  – und fegte uns die für die Sportler idealerweise nur halbgefüllten Wasserbecher weg. Witzigerweise habe ich nur ein einziges Mal einer Sportlerin Wasser gereicht. Dabei hatte ich vorher gedacht, dass genau dies mein Job sein würde. Stattdessen habe ich von 7.30 Uhr morgens bis 16 Uhr hunderte von Mützen und Handschuhe ausgegeben, zuerst nur an die Kolleginnen und Kollegen, dann auch an die frierenden Zuschauer. Zur lautmalerischen Unterstützung der Sportler verteilte ich ebensoviele Glocken und Klatschpappen. Mit der überraschenden Erkenntnis, das letztere noch gar nicht bekannt sind in New York. Stundenlang füllte ich Wasser aus Ein-Gallonen-Kanistern (schwer!) in die Pappbecher, die des Windes wegen von einer Kollegin festgehalten wurden. Immer wieder sammelte ich Becher ein und stopfte sie in zwar riesige, aber immer volle Müllbeutel.

Als irgendwann eine Polizeikolonne an uns vorbeifuhr und damit das Ende des eskortierten Marathons verkündete, starteten wir das Aufräumen. Zeit für die Unterhaltung mit Kollegen wie Mary und Michael (unser Teamcaptain) gab es nur vor den ersten Sportlern. Das hat aber immerhin ausgereicht, um uns für nächsten Montag zu verabreden. Denn das ist der Lohn fürs frühe Aufstehen, einen Sonntag voller körperlicher Anstrengung, steife Knochen und stundenlanges Frieren: Der Ausrichter spendiert eine Dinner-Party. Great!

Du magst ein paar Sportler sehen? Bitteschön:

marathon_5Die Rollstuhlfahrer kamen als erste Gruppe. Ihre Leistung ist gar nicht in Worte zu fassen!
Du siehst hier außerdem, dass es noch früh am Tag ist: Noch säumen wenige Zuschauer den Parcour. Das änderte sich aber schnell.

0marathon_6Als die Führungsgruppe der Damen zu uns an die Mile 17 kam, hatte ich wieder einen Momentchen für ein Foto. Bei den Männern habe ich es irgendwie nicht geschafft:  Hatte die Hände voll mit Glocken. Dich interessiert das Ergebnis? Mich ehrlich gesagt, gar nicht. Ich ziehe vor jedem der über 50.000 (!) Läufer den Hut und verneige mich. Mein persönlicher Volonteer-Marathon war schon Herausforderung genug. Und die Glücksgefühle und der Stolz können nach dem Lauf auch nicht größer sein als bei mir. Yeah, I did it!

#tcsnycmarathon

8 Kommentare

  1. Es kommt nicht darauf an , viel zu erleben, sondern das Erlebnis zu geniessen. Habe ich heute gelesen. Du kannst Beides. Und das ist gut so! Noch viele schöne Momente in deiner Traumstadt wünsche ich dir. Kuss Mama

    1. Oh ja, die Zeit hier ist voller Genüsse – auch kulinarische. Vor allem bin ich überrascht und glücklich, dass ich ganz in Ruhe jedem Tag eine Idee gebe und der dann folge. Eine Entscheidung fällen, was ich heute tun will? In New York kein Problem. Ich kann ja immer nur eins zur Zeit machen und ALLES zu sehen schaffe ich auch in vier Wochen nicht. Diese Erkenntnis nehme ich hoffentlich mit nach Hause. Big hug from over the ocean. Dörte

  2. Liebe Dörte,
    da bin ich nur mal eben eine Woche im Urlaub gewesen und will mich kurz informieren, was du zwischenzeitlich so erlebt hast, und schon hast du das halbe Internet voll geschrieben ;-) Also echt: Respekt, wie fleißig du bist – und wie viel du erlebst und dass du uns Daheimgebliebenen daran teilhaben lässt. Vielen Dank dafür! Beim Lesen packt mich akutes Fernweh, das muss ich schon sagen. Ich wünsche dir noch eine tolle Zeit und freue mich auf weitere Abenteuer-Schilderungen! Liebe Grüße
    Bremen-Anne

    1. Liebe Anne,
      freue mich über Deine Rückmeldung so sehr! Habe noch soooo viele Erlebnisse ungetextet im Kopf, Aber das kennst Du als Journalistin ja gut. Die gute Nachricht ist also: es kommt noch was.
      Freue mich sehr aufs Wiedersehen! Alles Liebe nach Bremen. Dörte

  3. Hallo Dörte,

    Ich habe bei Meile 17 Ausschau nach dir gehalten, aber dich leider nicht erspäht. Wir hatten uns auf dem Union Square / Gramercy Park Walk kennengelernt.
    Die Krönung hätten ich gestern, als ich mich auf dem Markt ausgiebig mit John unterhalten habe und ihm in allen Einzelheiten von unserem New York Besuch erzählt habe und er dann erzählte, dass seine gute Bekannte Dörte auch gerade eine Auszeit in New York nimmt. Da wurde ich natürlich hellhörig und als ich dann noch mehr aus Spaß zu John sagte: „Ach Dörte, ja, die haben wir getroffen“ und er mir dann deine Visitenkarte präsentierte, da waren wir beide natürlich total geplättet. Wir haben glaube ich nicht darüber gesprochen, aus welchen Ecken in Deutschland wir kommen, aber dass wir dann gleich gemeinsame Bekannte haben, ist schon echt witzig.
    Ich wünsche dir noch ein paar wunderschöne restliche Tage in dieser wunderschönen Stadt. Den Marathon habe ich übrigens trotz des Windes sehr genossen. Vielleicht sieht man sich mal auf dem Markt oder in der Bürger.

    Alles Liebe,
    Helmut & Eva

    1. Das gibt es doch gar nicht, lieber Helmut! Den Kreis müssen wir unbedingt bei einem Cookie bei John schließen. Irre Geschichte.
      Dass Du den Marathon mit Genuss gelaufen bist, kann ich fast nicht glauben. Du kennst das Video: http://nyti.ms/1wXGuGH ? Du hast doch sicher auch gelitten. Trotdem: Meinen allerherzlichsten Glückwunsch zum Zieleinlauf. Bis bald in Bremerhaven, Dörte

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